Shei'rah, das Einhornland

Es war einmal ein armes Mädchen, dessen Mutter bei seiner Geburt starb. Danach lebte es bei seiner Stiefmutter, die grausam war. Das Mädchen war sozusagen das "Aschenputtel". Es hatte genug von "Putz den Flur, wasch die Wäsche" und all dem, was die Stiefmutter ihr befahl.
Eines Nachts, als die Stiefmutter schon schlief, schlich sich das Mädchen aus dem großen Haus, in dem es mit seiner Stiefmutter lebte, um etwas Freiheit zu haben. Es ging in einen finsteren Wald, wo es zwischen dem Gebüsch etwas glänzen sah und ein Wimmern hörte. Es sah dahinter und war sehr verwundert. Ein Rehkitz lag dort und hatte den Fuß in einer Bärenfalle. Aber es war nicht irgendein Rehkitz. Nein. Es war golden und glitzerte wie ein Diamant. Es schaute das Mädchen mit großen, ängstlichen Augen an. Das Mädchen sagte schnell beruhigend, um das Rehkitz nicht noch mehr zu verängstigen:
"Hab´ keine Angst. Ich werde dir helfen." Kaum versprach es das, versuchte es auch schon den Knöchel des Rehkitzes zu befreien. Das Rehkitz sagte dankbar:
"Ich danke dir. Ich bin dir etwas schuldig." Das Mädchen sagte aber traurig:
"Ich glaube du kannst mir nicht helfen." und erzählte dem Kitz, dass es bei seiner Stiefmutter lebte und von ihr nur herum kommandiert wurde.
"Vielleicht kann ich dir ja doch helfen. Ich kenne eine sehr gute Fee. Vielleicht kann sie dir ja helfen." schlug das Rehkitz vor. Das Mädchen nickte und fragte, wie es zu ihr gelangen konnte.
"Nun ja, das geht nicht ganz so schnell. Ich muss dir etwas von meinem Gold auf den Rücken geben. Warte drei Nächte und werfe etwas von dem Goldstreu in die Nacht. Warte wieder drei Nächte und mache das gleiche. Das musst du also dreimal machen und beim dritten Mal wird die Mondfee zu dir kommen.
"Das dauert zwar lange, aber ich glaube, solange werde ich noch mit meiner Stiefmutter auskommen." sagte das Mädchen. Sie verabschiedeten sich von einander und das Mädchen tat, was das Kitz ihr sagte. In der dritten Nacht lichteten sich die Wolken über dem Nachthimmel und die Modfee kam tatsächlich.
"Ich habe deinen Kummer mitbekommen und kann mir gut vorstellen wie dir zu Mute ist, denn ich kenne deine Stiefmutter sehr gut. Ich kann dir aber nur vielleicht helfen."sagte die Mondfee ruhig.
"Wie?"fragte das Mädchen neugierig und etwas überrascht.
"Sie kennt meine Stiefmutter?" dachte es.
"Also, ich kann dich leider nur in ein Einhorn verwandeln, da meine Zauberkräfte die letzteen Jahre nachgelassen haben. Als Einhorn wärest du wunderschön und eine gute Freundin von mir, der Mondfee, aber das bist du schon sowieso. Aber die Entscheidung liegt bei dir." Antwotete die Mondfee.
Das Mädchen liebte Einhörner schon seit ihrem siebten Lebensjahr und sagte deshalb willig ja. Die Mondfee nickte, aber informierte das Mädchen noch:
"Du musst bedenken, dass du nie wieder ein Mensch werden kannst."
"Das ist mir egal. Hauptsache ist, dass ich von meiner grausamen Stiefmutter wegkomme." Sagte das Mädchen schleunigst, da es garnicht abwarten konnte ein Einhorn zu werden und von dieser Stiefmutter weg zukommen. Die Mondfee nickte wieder ruhig und wollte gerade den Zauber aussprechen, als eine hässliche Hexe angeflogen kam.
"Gehe fort Hexe Gundula! Noch mal wirst du mich nicht an meinen Zaubersprüchen hindern!" Rief die Monfee der Hexe zu. Doch diese landete und sagte zu dem Mädchen: "Na? Erkennst du mich nicht?"
"Stiefmutter?"Fragte das Mädchen entsetzt.
"Um Gotteswillen. Wie siehst du denn aus?"
Jetzt erst bekam es Klarheit in ihrem Kopf und dachte.
"Deshalb kennt die Mondfee meine Stiefmutter. Ich hätte nie gedacht, dass meine Stiefmutter eine ..."
Ihre Gedanken wurden unterbrochen. Die Hexe und die Mondfee kämpften gerade mit Zaubersprüchen. Das Mädchen wollte der Mondfee helfen und rief der Hexe zu, um sie abzulenken:
"Stiefmutter. Es tut mir so leid, dass ich nicht gut genug zu dir war."
Das war natürlich nicht ihr Ernst, aber die Hexe fiel darauf rein und guckte das Mädchen überrascht an. Den Moment nutzte die Monfee und zauberte die Hexe ins Jenseits.
"Ich danke dir, dass du mir geholfen hast. Nun kann ich dich endlich in ein Einhorn verwandeln oder willst du doch lieber ein Mensch bleiben, da deine Stiefmutter nun nicht mehr lebt?" Das Mädchen dankte und sprach zur Mondfee.
"Eigentlich möchte ich ein Mensch bleiben, aber ich liebe Einhörner über alles ..." sagte es bedrückt.
"Keine Panik. Ich kann dir auch gerne ein Einhorn zaubern." Schlug die Mondfee vor. "Das könntest du ... sie wirklich für mich tun?" Fragte das Mädchen völlig fassungslos.
"Natürlich! Aber nur, wenn du mich nicht mehr siezt, sondern duzt. Einverstanden?" Fragte die Mondfee mit einem Lächeln auf dem Gesicht.
"Ja, natürlich bin ich einverstanden. Die Bedingung werde ich auch einhalten." antwortete das Mädchen verlegen.
"Na dann komm mal mit."Freute sich die Mondfee, da das Mädchen sich so für Einhöner interessierte. Sie gingen, ohne dass es dem Mädchen auffiel, über eine unsichtbare Grenze. Plötzlich sah die Umgebung völlig anders. Sie waren auf einer wunderschönen großen Wiese, die mit Blumen bewachsen war, die das Mädchen noch nie gesehen hatte. Es wehte ein Wind um ihre Nase, der Düfte mit sich brachte, dass es dachte:
"Bin ich im Himmel?"
"Nein mein Kind. Du bist in Shei´rah, dem Land der Einhörner und all den Gestalten, die du noch nicht einmal im Traum gesehen hast." Sagte die Mondfee. "Oh, aber woher weißt du, was ich gerade dachte?" Fragte das Mädchen verwundert.
"In Shei´rah kann man Gedanken lesen. Pass also auf, was du über mich denkst. Ich werde es wissen." Grinste die Mondfee vor sich hin.
Sie gingen immer weiter, bis sie an eine Lichtung kamen, wo sie unter sich einen großen See mit einem großen Fluss und einer noch größeren Wiese sahen. Das Mädchen traute seinen Augen nicht mehr. Am Fluss stand eine Gruppe von Einhörnern. Sie sahen sie nicht, außer eines, dass mit seinen großen und so vertrauten Augen das Mädchen ansah. Die Mondfee und das Mädchen gingen zu ihnen und eins nach dem anderen hob den Kopf.
"Lord Sinti." Rief Die Mondfee in die Menge. Das größte Einhorn aus der Gruppe kam näher und sagte: "Sei gegrüßt Mondfee.Wen hast du da mitgebracht?" Es war das einziges schwarze Einhorn und sein Horn schimmerte. "Das ist Joey. Sie ist eine Sterbliche aus der anderen Welt." Erklärte die Mondfee.
"Also Joey, das ist Lord Sinti, der Herrscher von Shei´rah."
"Hallo." Sagte Joey schüchtern.
"Hallo Sterbliche oder darf ich dich auch Joey nennen?" Fragte Lord Sinti. "Natürlich Lord Sinti." Antwortete Joey.
"Bitte tue mir einen Gefallen und dutze mich doch oder einfach nur Sinti. Es gefällt mir nicht, wenn jemand mir so viel Respekt zeigt." bat Sinti. Joey nickte Sie schaute sich fasziniert um und hörte, wie sich die Mondfee mit Sinti unterhielt.
"Joey, ich habe gerade gehört, dass du ein Einhorn haben möchtest. Das geht nicht. Ich kann dir nicht einfach irgendein Einhorn schenken, was vielleicht noch sein normales Leben führen möchte. Vielleicht könntest du eines als Freund haben. Nur wenn du es als besten Freund haben möchtest, müsstest du hier bei uns in She´rah bleiben. Wir können nicht in eurer Welt überleben. Wir würden sterben." Sagte Sinti in Joeys Überwältigung hinein.
"Was?...Ach ja. Ich müsste hier bleiben? Na,das ist mir egal. In meiner Welt habe ich keine Familie und Bekannten und Freunde habe ich auch nicht. Mir gefällt es hier einfach nur super." Sagte Joey.
"Nun gut. Wir haben für dich schon eins ausgeguckt. Sie verfolgt dein Leben in deiner Welt schon geraume Zeit und sie interessiert sich brennend für dich." Informierte die Mondfee Joey. Sofort fiel Joeys Blick auf das Einhorn, welches sie schon vorhin so vertraut ansah, als sie auf der Lichtung oben stand. Es schaute sie schon wieder an.
"Fireez!" Rief die Mondfee in die Einhornmenge. Das Einhorn kam zur Mondfee ohne den Blick von Joey zu abzuwenden. Die beiden redeten miteinander und einmal nickte das Einhorn eifrig. Es war schneeweiß und sein Horn schimmerte silbrig. Es hatte wunderschöne, große, blaue Augen. Es kam auf sie zu und blieb kurz vor ihr stehen. Und beiden wurden die Augen wässrig vor Freude. Joey zögerte aber umarmte es dann doch und Freudentränen liefen über ihre Wangen. Dem Einhorn erging es auch so.
"Oh Fireez." Flüsterte Joey dem Einhorn ins Ohr. Plötzlich drängelte sich etwas zwischen die beiden. Ein Einhornfohlen stand vor Fireez.
"Das ist mein Sohn Touriq." Sagte Fireez leise. Joey lachte leise zwischen den Tränen und umarmte den kleinen. Joey drehte sich um, um zusehen, was die Mondfee und Sinti für Gesichter machten. Aber es standen da zwei Einhörner und keine Mondfee mehr.
"Erschrecke dich bitte nicht. In Wirklichkeit bin ich auch ein Einhorn und habe als einzige die Möglichkeit in deine Welt zu treten. Ich bin Lady Lisha und Lord Sinti ist mein treuer Ehegatte." Sagte Lady Lisha.
Joey war so glücklich wie noch nie und umarmte Lisha, Sinti, Touriq und ganz besonders Fireez. Plötzlich knabberte etwas an Joeys T - Shirt. Hinter ihr stand das goldene Rehkitz, welches sagte: "Siehst du? Ich habe dir doch gesagt, dass ich dir doch vielleicht helfen kann."
"Ich danke dir vielmals." Sagte Joey. "Nun, da du ab heute in Shei´ra lebst, wirst du wie wir unsterblich sein. Ich hoffe das erschreckt dich nicht und bist damit einverstanden." sprach Sinti.
"Oh, ich bin ganz und gar nicht darüber erschreckt. Ich bin sogar sehr damit einverstanden und wirklich, ich war noch nie so glücklich in meinem Leben" Freute sich Joey über die Nachricht.
"Joey. Ich habe aber noch eine sehr wichtige Überraschung für dich. Bitte, erschrecke dich nicht. Es wird sehr hart für dich sein. Dreh dich bitte langsam um." Sagte Lisha beruhigend. Etwas verwundert drehte sich Joey aufgeregt, aber langsam um. Sie sah wie sich die Einhornmenge teilte und von weitem eine Frau in einem geblümten Sommerkleid daher geschlendert kam. Joey schaute verwundert zu ihr. Die Frau kam immer näher und Joey wusste nicht was das sollte.
"Joey, das ist deine Mutter. Wir kannten sie von ihrer Geburt an. Als sie bei deiner Geburt starb, holte Fireez sie hier her und wusste, dass sie dich als Freundin haben wollte. Glaube mir, deine Mutter war dein Leben lang bei dir, konnte dich aber nicht holen." Flüsterte Lisha ihr ins Ohr.
Joey drehte sich ungläubig zu Lisha um und Tränen liefen ihr die Wangen runter. Die Frau stand nun vor ihr und auch ihr rollten die Tränen die Wange hinunter. Sie breitete die Arme aus und sagte:
"Joey, komm in meine Arme. Ich bin es wirklich. Alles wird wieder gut.
"Joey zögerte, stürzte sich aber dann in ihre Arme.
"Oh Mama. Ich kann es nicht glauben. Du bist bei mir. Ich habe dich mein ganzes Leben lang vermisst." Weinte Joey vor sich hin.
"Los, los! Gehe mit deiner Freundin spazieren. Ihr müsst euch vieles erzählen.Wir können später reden." Forderte ihre Mutter sie auf. Joey nickte eifrig und Fireez sagte: "Steig auf, Joey, und halte dich an meiner Mähne fest.
"Joey stieg auf und Fireez zwinkerte Touriq zu, der schon die ganze Zeit nervös unher tänzelte. Kaum war Joey oben, fingen Fireez und Touriq an zu galoppieren. Es war so schnell, dass Joey Tränen in die Augen stießen und sie fing an zu jubeln. Und so kam es, dass Joey doch noch ihr Glück fand.
Und vielleicht wirst auch du irgendwann einmal die Grenze zu ´Shei´rah finden und Lord Sinti, Lady Lisha, das goldene Rehkitz, Touriq, Fireez, Joey und ihre Mutter treffen, da alle unsterblich sind. Viel Erfolg!

©Denise Weller- Geschichtenzauber

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