Überall dort, wo man auf Menschen trifft, die an die Existenz des Einhorns glauben, wird man auch die Zweifler finden, die für alles eine rationale Erklärung brauchen. Diese haben sich nun also den Kopf darüber zebrochen, wie denn der Glaube an das Einhorn entstanden sein könnte, denn die Existenz des Einhorns wird erst einmal grundsätzlich als Hirngespinst abgelehnt. Ihre Theorien klingen einleuchtend, aber sind sie wirklich ein Beweis dafür, dass niemals ein Einhorn auf unserer Welt existiert hat?
Der erste Beleg für die Existenz der Einhörner geht weit zurück.
Der Grieche Ktesias, Leibarzt der Könige von Persien, berichtete in seiner
"Indika", einem 23teilige Buchreiche
mit Geschichten und Erlebnisse aus Persien bzw. Indien, bereits 400 Jahre vor
Christus über einhörnige Tiere. Er beschrieb sie als weiße Wildesel,
auf deren Stirn ein Horn wuchs, das am Ansatz reinweiß, in der Mitte schwarz
und an der Spitze karminrot sei. Die Länge dieser Hörner betrug etwa
67cm. Dieser Wildesel wurde von den Einheimischen 'kartazoon' genannt.
Nun führen Kritiker an, dass Ktesias niemals in Indien gewesen sei. Das
beschriebene Horn gleiche in seiner Beschreibung aber den in Indien gebräuchlichen
Trinkgefäßen, die aus den Hörnern der Nashörner hergestellt
wurden und mit den Nationalfarben Indiens bemalt wurden. Diese hatte er wohl
am Hofe der persischen Könige gesehen. Es wird auch gemunkelt, dass Ktesias
dem Alkohol nicht unbedingt abgeneigt war und bei seinen Sauftouren gerne Geschichten
zum besten gab, die er von Reisenden gehört hatte; natürlich war er
dann immer der Held dieser Geschichten. Scheinbar hätte er mehrere Erzählungen
zusammengemischt und so wären aus vier völlig unterschiedlichen Tieren
das indische Einhorn entstanden. Gutachter verweisen hier mit Vorliebe auf das
indische Panzernashorn, die Hirschziegenantilope, dem Rimu (eine Rinderart)
und dem Omager (ein Halbesel). Er ist der erste, der schreibt, dass das Horn
des Einhorns gegen Gifte und Krankheiten schützt.
In Indien gibt es aber tatsächlich eine Legende
über ein einhörniges Lebewesen. Sie handelt über einen frommen
Asketen, der ein einzelnes Horn auf der Stirn trägt und erstaunliche Parallelen
zu unserem Einhornglauben aufweist. Diese Legende ist aber keinesfalls nur in
Indien zu finden. Sie scheint sich im ganzen asiatischen Raum verbreitet zu
haben. Wo genau sie ihren Ursprung nahm, dass weiss nur der, der sie als erster
erzählt hat.
Die schwerwiegendste Gemeinsamkeit ist wohl der Glaube, dass das Einhorn nur
von einer Jungfrau gezähmt und gefangen werden kann, denn sonst war das
Einhorn als wild und rüde verrufen.
Wenn nun aber Ktesias so ein unglaubwürdiger Trinker ist, warum greift dann selbst der große Aristoteles auf seine Berichte zurück? Zugegeben hielt Aristoteles nicht viel von den Heilkräften des Hornes, doch von der Existenz eines solchen Tieres ist er dennoch so überzeugt, dass er seinen Schüler davon berichtet. Einer dieser Schüler war niemand anderes als Alexander, der später den Zusatz "der Große" bekommen sollte. Alexander soll selbst ein Einhorn besessen haben, das edelste aller Tiere. Vom 13jährigen Alexander gezähmt war es ihm ein treuer Wegbegleiter und bekam den Namen Bukephalos. Von Bukephalos wird zum ersten Mal berichtet, dass ein Einhorn das Aussehen eines Pferdes hat und einen Karfunkelstein unter dem Horn trägt.
Ktesias war nun aber nicht der einzige Augenzeuge für die Existenz der Einhörner. Selbst der große Herrscher Cäsar will Einhörner gesichtet haben. In seinem Kriegsbericht "De bello gallico", der ca. 58-51 v.Chr. entstand, beschrieb er ein Tier, dass durchaus ein Einhorn hätte sein können.
Nun beginnt eine Zeit, in der sich die Nennungen des Einhorns in Texten häufen
und es taucht auch in den großen Weltreligionen auf. Ob es im Buddhismus
zu den Füßen des Religionsgründer kniet und seiner Predigt lauscht
oder Adam und Eva aus dem Paradies folgt, ob es sich im babylonischen Talmud
mit einem Löwen streitet oder bei den Muslimen Gewässer reinigt, überall
ist es zu finden.
Gerade die Erwähnung des Einhorns in der Bibel unterstützte die Menschen
in ihrer Überzeugung, dass das Einhorn ein real existierendes Wesen ist,
auch wenn sie selbst noch nie eines gesehen haben sollte. An so vielen Bibelstellen
wurde es erwähnt, dass es unmöglich ein Wesen sein konnte, das nicht
von Gott geschaffen wurde, wie auch die Bibel.
Hier setzten wieder die Kritiker an, die das Einhorn in der Bibel auf einen
Übersetzungsfehler zurückführen. Das ursprüngliche Wort
re'em bezeichne eigentlich einen Wildstier und kein Einhorn. Jetzt haben aber
72 Gelehrte die Urbibel übersetzt und selbst Luther fand das Einhorn an
dieser Stelle passender als einen gewöhlichen Stier. Zumal an einigen Stellen
deutlich nur von einem Horn die Rede ist und Stiere haben nun einmal zwei Hörner.
Der erste Bibelübersetzung, auch Septuaginta genannt, verdanken wir also
unser Einhorn.
Zusätzlich gab es zu dieser Zeit viele Reisende, die immer wieder über Einhörner berichteten und Reiseberichte verfassten, in denen auch Einhörner erwähnt wurden. Namhafte Personen wie Marco Polo schrieben über das Einhorn; Seeleute brachten lange, spiraligen Hörner von ihren Reisen mit und berichteten von ihren Begegnungen mit dem Einhorn. Außerdem entstanden die ersten naturkundlichen Werke, die damals in fast jedem Haushalt zu finden waren, die sich ein Buch leisten konnten. Der bekannteste Band ist wohl der "Physiologus", der wie die anderen, einiges über das Einhorn zu berichten wusste. War es doch, Dank der Bibel und der Kirche, ein anerkanntes, real existierendes Wesen.
Alte Wandbilder sollen eine weitere Ursache für den Glauben an das Einhorn sein. So wird behauptet, dass die damaligen Künstler dieser Wandbilder nicht dreidimensional malen konnten und somit die Hörner überlappten und nur ein Horn sichtbar war. Dies mag gut möglich sein, denn wer traut unseren Vorfahren schon detaillierte Naturzeichnungen zu? Nun ist es aber so, bei vielen der angeführten Beispielen oft Zeichnungen aus der gleichen Zeit vorliegen, die deutlich ein zweites Horn zeigen. Warum diese Unterscheidung, wenn man doch angeblich gar keine zweihörnigen Tiere bildlich darstellen konnte? Zumal die Hörner ein wichtiges Merkmal für Jäger waren, die anhand dieser Bilder ihre Beute identifizierten.
Fassen wir die Aussagen dieser Quellen zusammen kommen wir unserem heutigen Einhorn schon sehr nahe, auch wenn jeder von uns heute genauere Vorstellungen von seinem Einhorn hat und welche Eigenschaften dieses Einhorn besitzt.
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